Briefe an Leonie

Aufklärung – zu spät?

Briefe an Leonie

Liebe Eltern,

in meinem Blog www.briefeanleonie.net  schreibe ich Briefe an Leonie, eine jungen Frau, die auf der Suche nach dem Glück im Leben ist. Leonie, deren Leben man parallel zu den Briefen in einer eigenen Geschichte kapitelweise mitverfolgen kann, steht vor den großen Fragen aller junger Erwachsenen auf der Suche nach einem erfüllten Leben. Ob Sexualität, Persönlichkeitsentwicklung, Ehe & Partnerschaft, Familie oder Karriere –  Leonie sieht sich immer wieder vor Krisen und Entscheidungen, die sich bleibend auf ihr weiteres Leben auswirken.

Leonie ist bereits erwachsen. Sexualerziehung findet jedoch im Idealfall schrittweise und kindgerecht, altersadäquat zur jeweiligen Entwicklungsstufe statt. Kann es eigentlich auch zu spät sein, seine Kinder aufzuklären?  Wie spreche ich mit meinen großen Söhnen über Sexualität, wenn wir Eltern es versäumt haben, mit den Kleinen über dieses sensible Thema zu reden? Ist es dann einfach zu spät? Können wir noch etwas bewirken?
Als meine ersten drei Kinder zur Welt kamen, war Sexualerziehung in der Gesellschaft und auch für uns Eltern kein Thema und daher brachten wir dieses so wichtige Anliegen nie richtig zur Sprache. Plötzlich sind die Jungs groß und haben sich über Freunde, Gesellschaft und Medien schon ihr eigenes Bild über Sexualität gemacht und diese Sichtweisen sind problematisch. Gerade falsche Informationen, falsche Sichtweisen, falsche Bildungskonzepte und das daraus entstehende falsche Verhalten von vielen Menschen verursachen sehr viel Leid – und das erkennen wir in unserer Gesellschaft Tag für Tag.

Plötzlich haben sie sich schon ihr eigenes Bild über Sexualität gemacht

Erst mit unseren jüngeren Söhnen fingen wir an, über diese Thematik in der Familie ausführlicher zu sprechen. Wie wir wissen, ist es von großer Wichtigkeit, sich altersgerecht mit den Kindern auseinanderzusetzen. Doch wie behandle ich dieses Thema mit fast Erwachsenen, die aber trotzdem ihre Schamgrenzen haben und wo die Zeit der Einflussnahme schon fast vorbei ist?
So komisch es klingt, aber durch die Arbeit mit meinem Blog Briefe an Leonie, gelingt es mir immer wieder, mit meinen Buben ins Gespräch zu kommen.
Eines Tages, ich schrieb einen Brief für den Blog zum Thema „Dimensionen der Sexualität“, schaute mir einer meiner Söhne über die Schultern und so bat ich ihn, den Text auf Rechtschreibfehler zu korrigieren. Mein Textvorschlag gefiel dem jungen Herrn gar nicht und es entstand eine heftige Auseinandersetzung darüber, warum Sexualität sich nicht nur auf die körperliche Ebene beschränkt. Er verteidigte vehement die Ansicht, dass es hauptsächlich um die Lust gehen würde. In der Diskussion gab ich ihm Recht, dass diese Komponente sehr wichtig sei, aber eben nicht ausschließlich.

Die drei Dimensionen der Sexualität

Nach einigem Hin und Her, konnte ich ihm doch erklären, dass Sexualität aus drei Dimensionen besteht, die sich alle drei untereinander bedingen, wie:
– die Fortpflanzungsdimension, die die Offenheit für das Leben betrifft.
– die Bindungsdimension, in der eine offene Kommunikation mit dem anderen möglich sein muss und
– die Lustdimension, in der ich am anderen satt werden möchte und ich mir und ihm Lust bereiten will.

Mein Mann und ich haben es leider versäumt, zeitgerecht mit unseren Kindern über Sexualität zu sprechen. Doch jetzt nehmen wir die Anforderungen wahr. Wir erkannten, dass sich viele Gelegenheiten bieten, mit unseren Söhnen, gerade was das Thema Sexualität betrifft, ins Gespräch zu kommen. So versuchen wir durch aktuelle Texte, Artikel oder populäre Fernsehserien ihnen unsere Sicht der Dinge zu erklären.

Das Element „Bindung“ ist wesentlich für eine erfüllte Sexualität

Darüber hinaus ist es für mich als Frau sehr wichtig, vorzuleben, dass Bindung eine Grundvoraussetzung für eine gute Partnerschaft ist und diese Bindung sich in vielen, oft alltäglichen, Ausdrucksformen wie: gehalten werden, Nähe, küssen, zärtlich sein, verstanden werden und vertrauen können, etc. ausdrückt.
Und wenn meine Buben merken, dass über all diesen Aspekten die Liebe schwebt, die Liebe, in der das Wohlbefinden des anderen wichtiger wird als mein eigenes, dann erkennen sie, dass es in der Liebe und auch in der Sexualität um mehr geht, als die Gesellschaft, die Medien und auch die Freunde ihnen oft versuchen, weiß zu machen. Oder wie Gertrude (Geschichte im Blog) ihrer Enkelin Leonie Sexualität so schön poetisch beschreibt:

„Es ist wie ein kurzes Hineinschauen in den Himmel!“

Maria Schober
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